Denken wir kurz zurück an unsere Zeit als Kinder: da hat uns jeden Abend die Mama ins Bett gebracht hat. Es gibt Kinder, die fürchten sich in einem dunklen Zimmer. Da nützt es gar nichts, dem Kind zu sagen: „Du brauchst keine Angst zu haben“. Wenn es dunkel wird, wenn die Tür zu ist, wenn das Kind das Gefühl hat „ich kann meine Eltern nicht mehr rufen, sie hören mich nicht mehr“, dann bekommt es Angst. Da kann nur eines helfen: Die Tür einen Spalt offen lassen. Dann weiß das Kind: Ich bin nicht allein. Ich kann meine Eltern rufen. Ein Zeichen dafür ist ihm das Licht, das durch den Spalt in sein Zimmer fällt.
Nicht nur Kinder, auch wir Erwachsene haben Ängste. Es gibt Frauen, die haben Angst vor ihrem Mann und umgekehrt; Schüler, die Angst haben vor ihrem Lehrer, aber auch Lehrer vor ihren Schülern. Wir haben Angst, unsere Fehler einzugestehen; Angst vor dem Verlust der Anerkennung. Vielleicht haben wir sogar Angst vor uns selbst, vor unserer Labilität, unseren Schwächen. Wir haben Angst, eingefahrene Gewohnheiten aufgeben zu müssen, Veränderungen einzugehen. Wir haben Angst, den uns gestellten Forderungen nicht gewachsen zu sein. Wir haben Angst vor der Krankheit, jetzt besonders vor dem allgegenwärtigen Virus Covid-19. Wir haben Angst vor dem Verlassenwerden, dem Älterwerden, wir haben Angst vor dem Tod.
Genau diese Angst meint Jesus, wenn er seinen Jüngern im Evangelium vom 5. Sonntag der Osterzeit sagt: „Euer Herz erschrecke sich nicht!“ Oder wie die neue Einheitsübersetzung schreibt: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren“ (Joh 14,1). Nach diesem mutmachenden Wort zeigt uns Jesus auch einen Weg, auf dem es möglich ist, Ängste zu überwinden: „Glaubt an Gott, und glaubt an mich“ (ebd).
„Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ Auch wir Christen brauchen einen offenen Spalt unserer Lebenstür, durch die Licht hereinfällt in unser Dunkel, in unsere Ängste. Denn dann wissen wir: Wir sind nicht allein; wir dürfen glauben, anders übersetzt aus dem Lateinischen, wir dürfen vertrauen. Im Lateinischen heißt glauben credere – credo - ich glaube. Im Wort credo stecken die beiden Worte cor-das Herz und dare-geben. Also das Herz geben. Und das bedeutet vertrauen. Vertrauen darauf, dass Gott mir ganz nahe ist, dass ich ihn rufen kann, wenn ich mich einsam fühle oder sonst in irgendwelchen Schwierigkeiten stecke.
Ich darf uns einladen, in der kommenden Woche öfters dieses credo, dieses ich vertraue dir zu sprechen, besonders dann, wenn uns Ängste überfallen: Ich glaube, ich vertraue Dir, o Gott. Beten wir das Credo, das Glaubensbekenntnis, das Apostolische oder das sogenannte Große Glaubensbekenntnis. Sie finden beide am Ende dieser Predigt (zum Herunterladen und Ausdrucken). Wenn wir dieses Glaubensbekenntnis beten, dann dürfen wir von neuem unser Vertrauen aussprechen gegenüber Gott. Denn er hat durch Jesus Christus im Kreuzestod und in der Auferstehung alle Dunkelheit und Angst besiegt. Er will uns Licht sein in den dunklen Räumen unseres persönlichen und gemeinsamen Lebens: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren! Glaubt an Gott!“ Anders übersetzt: „Vertraut auf Gott!“
Das Große Glaubensbekenntnis (in Deutsch und Latein)
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Das Apostolische Glaubensbekenntnis
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